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Hoher Schuh mit Knöpfverschluss 3.0

Dies ist nun mein dritter hoher Schuh mit Knöpfverschluss.

Das erste Exemplar dieses Schuhtyps war auch tatsächlich mein erster selbst hergestellter Schuh. Damals noch mit recht störrischem Orthopädieleder und einer Kunstfaser zum Vernähen der Schuhteile. Der Schuh hat mir gute Dienste getan und wird nun mittlerweile von einem Freund getragen. Nach jahrelangem Tragen hat der Schuh eine wunderschöne Patina und einige Ausbesserungsstellen – ein lebendiger Schuh, dem man von Außen nicht ansieht, dass er hinsichtlich Authentizität einige Defizite hat. Ich hoffe, mein „Prototyp“ macht dem neuen Träger noch viele Jahre Freude.

Das zweite Exemplar war dann ein Schuhbauset von Meister Knieriem mit sehr schönem vegetabil gegerbtem Rindsleder und Pechdraht. Nach Fertigstellung des Schuhes habe ich dann beschlossen, für die ganze Familie Schuhe zu nähen.
Dieser zweite Schuh ist nun auch schon ein paar Jahre alt, hat jedoch ein paar Merkmale, die mir im Laufe der Zeit nicht mehr gefielen:

1. Die Sohlen-Oberlederverbindung hatte nach meiner Erkenntnis den falschen Nahtverlauf. Verwendung fand die Sohlennaht 3 (wurde in der Schuhbauanleitung vorgeschlagen). Das Sohlen- und Oberleder werden durch Stürznaht 3 und Sattlerstich verbunden. Diese Sohlennaht fand nach bisherigem Kenntnisstand jedoch nur Verwendung vom 9. bis 12. Jahrhundert und dann nach einer Pause von 400 Jahren wieder im 16. und 17. Jahrhundert. Vgl. Ausgraben in Schleswig. Die mittelalterlichen Schuhe aus Schleswig. Christiane Schnack. Seite 36.
Da der hohe Schuhe mit Knöpfverschluss jedoch nur in Vergleichsfunden vom 13. bis 15. Jahrhundert vorkam, ist die Sohlennaht 3 hier unpassend. Für ein neues Exemplar wollte ich auf jeden Fall die Sohlennaht 1 (Stürznaht 2 und Sattlerstich) mit Randstreifen verwenden.

2. Bei Exemplar 2 hatte ich die Stelle mit den Schlitzen für die Aufnahme den Knöpfverschlusses nicht durch einen Lederstreifen verstärkt. In Vergleichsfunden finden sich an diesen Stellen häufig halbe Lederstiche, die auf eine ursprünglich angebrachte Verstärkung hindeuten, sogenannte Verschlussverstärkung.

3. Größe bzw. Höhe der Fersenverstärkung. Betrachtet man die Schaftansätze der hohen Schuhe von Konstanz, so fallen einem sofort die halben Lederstiche in der Mitte der Innenseite auf, die darauf hindeuten, dass die Fersenverstärkung bis in den Schaftansatz hochragten.
Vgl. Mittelalterliche Lederfunde aus Konstanz. Christiane Schnack
Tafel 28, Nr. 2402 und 134
Tafel 29, Nr. 1829
Tafel 30, Nr. 211
Tafel 31, Nr. 1861
Die Miteinbeziehung des Schaftansatzes durch die Fersenverstärkung macht durchaus Sinn. Dem Schuh wird mehr Stabilität verliehen aber vorallem dient dies zur Erhöhung der Reißfestigkeit. In der Regel zieht man einen Stiefel in der Art an, dass man mit den Fingern den angenähten Schaftansatz festhält und dann daran zieht, so dass der Fuß in den Schuh schlüpfen kann. Nach regelmäßigem Gebrauch des Schuhes wird die Verbindungsnaht zwischen Oberleder und Schaftansatz stark beansprucht. Durch o. g. Technik wird diese Naht entlastet.

4. Die Verwendung des „richtigen“ Leders. Wir erinnern uns: Exemplar 1 war aus Orthopädieleder, zwar vegetabil gegerbt, aber fürchterlich zu verarbeiten, da nach meiner Auffassung das Leder auch gepresst war. Exemplar 2 aus schönem vegetabil gegerbtem Rindsleder aus dem Schuhbauset von Meister Knieriem. Ich habe selten schöneres Leder bisher gesehen.
In Mittelalterliche Lederfunde aus Konstanz auf Seite 31 kann man jedoch nachlesen, dass Knöpfschuhe zu 95% aus Caprinaeleder gefertigt wurden. Nur 5% der Funde bestanden aus Bovinaeleader. Diese Verteilung gilt für die Ausgrabungen am Fischmarkt in Konstanz.
Caprinaeleder: Ziege und Schaf
Bovinaeleder: Rind und Kalb.
Für mich stand schon lange fest, dass der nächste hohe Knöpfschuh aus Ziegenleder bestehen muss.

Eigenkritik an meinem neuen Exemplar:
– Das verwendete Ziegenleder mit einer durchschnittlichen Stärke von ca. 1.8mm und ein paar schadhaften Stellen an der Fleischseite war mit Sicherheit nicht erste Wahl. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man wesentlich leichter an vegetabil gegerbtem Rindsleder rankommt als an Ziegenleder. Das Ziegenleder, das ich bisher fand war entweder viel zu dünn oder viel zu dick. Das hier verwendete war das beste was mir bisher angeboten wurde. Eine Stärke von durchschnittlich 2.0mm wäre mir lieber gewesen. An einige Stellen war mein Ziegenleder nur ca. 1.6mm stark – die halben Lederstiche waren an diesen Stellen eine Herausforderung.
– Die Anbringung einer Lasche am Rist. Halbe Lederstiche entlang der Knöpfbändchenkante sind belegt. Wofür diese dienten ist nicht abschließend geklärt. Ich habe mich entschlossen, eine Lasche anzubringen – man kann diese auch weglassen.
– Meine Familie stellt eine Bürger- bzw. Handwerkerfamilie des ausgehenden 13. Jahrhunderts dar. Dieser Schuhtyp fand man in Konstanz im gesamten Untersuchungszeitraumn, also auch in Schichten des 13. Jahrhunderts, aber hauptsächlich in Schichten der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bis um 1500. Archäologische Vergleichsfunde werden nach Schnack ins 13., 14. und 15. Jahrhundert datiert, sie reichen von Großbritannien bis nach Polen. Für mich ist es absolut vertretbar diesen Schuhtyp als Schuhmacher des ausgehenden 13. Jahrhunderts zu tragen.

Und nun ein paar Bilder von Exemplar 3:

Homepage / Website überarbeitet

Meine Frau hatte seit langem mal wieder etwas Zeit, an der website zu arbeiten.

Neu hinzugefügt:

Wäsche des Mannes

Rote Cotte des Bürgers

Waidgefärbte Cotte der Bürgerstochter

Viel Spaß beim Störbern auf der website der Zeitboten 🙂

Bitte beachten Sie, dass sich hinter jedem Bild Hintergrundinfos verbergen könnten.
Einfach mit der Maus über die Bilder fahren, wenn sich der Mauszeiger vom Pfeil in eine Hand verwandelt dann gibt es dort noch mehr Infos.

Riemenschuhe Typ G2 Schleswig

Meine große Tochter braucht schon wieder neue Schuhe.
Nicht, dass sie ihre Schuhe verschleißt, nein ihre Füße passen nach einer gewissen Zeit nicht mehr in ihre Schuhe – ein interessantes Phänomen 🙂

Meine neueste Schuhrekonstruktion basiert auf den Schleswig Typ G2, eine Halbschuhform mit Riemenschnallenverschluss.
Diese Schuhform kam im Schleswiger Fundgut ab Ende des 13. Jahrhunderts vor, aber hauptsächlich im 14. Jahrhundert.

Das Oberleder besteht aus einem ca. 2mm starken vegetabil gegerbten Rindsleder (Bovinaeleder). Der gefaltete helle Randstreifen dient zur Verstärkung der Schuhkonstruktion, zur Zierde und Erhöhung des Trageskomforts. Der Randstreifen besteht aus einem dünnen ca. 1,2mm starken vegetabil gegerbten Ziegenleder.
Die Stärke des Sohlenleders (Rindsleder) beträgt ca. 3,5mm.

Die Oberleder-Sohlenverbindung wird unter Zuhilfenahme eines Leistens durchgeführt. Zum Schutz der Sohlennaht und zu Dichtigkeitszwecken wird zwischen dem Oberleder und der Sohle noch ein Lederstreifen eingenäht.

Der komplette Schuh wird mit selbst hergestelltem Schusterdraht vernäht – einzelne Leinenfäden werden mit einem Harz-Wachs-Gemisch „verklebt“ und verzwirnt. Die Stichkanäle werden mit einer Schusterahle gestochen. Als Nähmedium nehme ich für Arbeiten zu Hause eine Stahlborste. Bei öffentlichen Veranstaltungen nehme ich statt der Stahlborste eine Schweineborste.

Bachritterburg Impressionen 2011

Der traditionelle Pfingsttermin auf der Bachritterburg in Kanzach, organisiert von Historia Vivens.

Wie gewohnt über Pfingsten waren zahlreiche Besucher gekommen um Handwerk, Kleidung, Kochen, Waffen, Rüstung und Alltagsleben des Hochmittelalters kennenzulernen.

Die 2011er Truppe

 

Spaß in der Motte

 

Kleine Waffenkunde für das Publikum

 

Andreas Bichler und seine Hornbogenarmbrust – Werkstatt

 

Martin Jahn – Die Spiessbürger – und seine Waffen- und Rüstungskammer

 

Martin Opitz – der Beinschnitzer – auch immer gerne von Kindern besucht

 

Georg Kromoser – unser Schmied für alle Fälle

 

Ingrid und Robert Korsa – Brettchenweben und Stickerei

 

Dorit Hellinger – unsere Sauerteigbäckerin und offizielle internationale Lehmbackofentesterin

 

Helene beim Buttermachen

 

Karin Bichler unser – Chief Executive Headcook –  mit Paula – Assistant to everything that makes fun or tastes good

 

Thomas Hellinger – eine Schuhmacherdarstellung

 

Kleidung des Hochmittelalters – Vorführungen für das Publikum

 

Dorit Hellingers Stickereiutensilien

 

Schön wars…

Was haben wir vermisst? Nicole und Michael Perschau – Apud Angeron 🙂

Wir freuen uns auf nächstes Jahr.

Grüße
Thomas Hellinger
Die Zeitboten

 

 

Puchberg Impressionen 2011

Vom 4.  bis 7. August 2011 nahmen die Zeitboten am 5. Internationalen Living History Treffen in Puchberg am Schneeberg in Österreich teil.

Thema: Leben und Alltag im 13. Jahrhundert.

Am Sonntag, den 7. August 2011 war Puplikumstag.
Details und Infos hier:
http://www.historiavivens1300.at/hv1300.htm

Einige Aufnahmen des 5. Internationalen Living History Treffens in Puchberg am Schneeberg (Österreich)

Es war ein sehr interessantes schönes Wochenende 🙂

Nienover Tag 6 Montag – Ungeplante Abreise…

Der Vormittag begann regnerisch und verlief tragisch.

Am Montagvormittag kamen schon recht früh einige Besucher ins Nienoverhaus – wir saßen noch beim Frühstück. Trotzdem haben wir uns – wie bei uns üblich – viel Zeit für die interessierten Besucher genommen. Auch heute wollten wir backen und haben den Ofen vorbereitet. Zu diesem Zweck haben wir erstmalig den Flaschenzug des Speichers ausprobiert und Kohle im Korb ins Erdgeschoß herabgelassen.

Dann kam ein folgenschwerer Anruf.

Ein Todesfall in der engsten Familie zwingt uns zur vorzeitigen Abreise.

Wir begannen zu packen und um 16.15 Uhr verließen wir das Nienoverhaus mit großem Bedauern.

Wir bedanken uns bei den zahlreichen sehr interessierten Besuchern der letzten Tage, und vorallem bei Thorsten Schwarz, der sich so engagiert um uns gekümmert hat. Uns hat der Aufenthalt sehr gut gefallen und wir hatten viel Spaß. Während der letzten Tage hat sich spontan ein Konzept entwickelt, dass den Belangen des Hauses und unserer Darstellung entspricht und sich in der Praxis bewährt hat. Kern des Konzeptes war die Vorstellung des Hauses und das Alltagsleben der Handwerksfamilie. First-Person-Elemente entführten die Besucher in das Leben unseres Haushaltes des. 13. Jahrhunderts.

Wir entschuldigen uns bei allen, die uns nun leider nicht mehr besuchen können. Und wir hoffen, alle im Jahr 2012 wiederzusehen. Ein neuer Termin für 2012 mit den Zeitboten wurde bereits festgelegt.

P.S.
Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr im Haus keine Staubstürme mehr erleben müssen und der Boden des Nienoverhauses fertiggestellt sein wird.

Nienover Tag 5 Sonntag

6.00 Uhr  – wir schlafen noch

7.00 Uhr – wir schlafen noch

8.00 Uhr – wir schlafen noch

8.45 Uhr – eigentlich wollen wir noch schlafen…

8.46 Uhr – wir stehen auf

8.59 Uhr . Nienoverhaus. Leichter Regen. Eine Steife Brise von Nordwest. Das Bundhäubchen sitzt !

Der Tag fängt langsam an. Es ist Sonntag wir bereiten uns auf noch mehr Besucher vor als gestern.

Nach dem Frühstück wird Butter geschlagen. Aber bitte das nächste Mal mit etwas mehr Freude an der Arbeit, liebe Dorit.

Die Butter ist fertig – selbstgemacht schmeckt es dann noch besser.

Die Kinder spielen in den Besucherpausen.

Da es uns kalt ist und wir eh was zeigen wollen, haben wir den Ofen wieder angeschmissen.

Heute nutzen wir den Ofen um leckere Pasteten zu backen.

Die Fotografen waren heute Nachmittag da und schossen ein paar Bilder. In den nächsten Tagen gibt es noch eine Fotosession.

Insgesamt gesehen war es ein regnerischer, windiger, trüber Tag. Besucherzahl: schwer zu sagen, von 12 bis 18 Uhr waren wir permanent beschäftigt, Besucher durch das Nienoverhaus zu führen.

Am Abend führten die Kinder uns ein selbst umgedichtetes Theaterstück vom Rotkäppchen und dem Wolf vor – sehr lustig.

 

 

 

 

Nienover Tag 4 Samstag

6 Uhr morgens – wir schlafen noch…

8.30 Uhr wir stehen auf. Es ist Samstag Tag 4 im Nienoverhaus. Um 10 Uhr erwarten wir die ersten Besucher, also so langsam aufstehen, Waschaktion und Frühstück machen.

Die Kinder wollen sich unbedingt einen warmen Haferbrei machen. Helene bereitet ihn im Grapen zu.

Heute will Dorit Brot backen, der Ofen wird angefeuert.

Der selbst angesetzte Sauerteig wird von Dorit vorbereitet.

Nach ca. sechs Stunden wird die Glut aus dem Ofen geholt…

…und in der „Feuerstelle“ deponiert“.

Wir sind uns seit heute recht sicher, dass die vorhandene tief gelegene Feuerstelle, die bauhistorisch bisher ein Einzelfall ist, einfach das Glutbecken der Bäckerei war. Irgendwo musste die Glut hin, wenn der Ofen ausgeräumt wird. Wir haben den Ofen gut befeuert und die Glut füllte nur ca. ein Drittel des Glutbeckens. Der Ofen erschien uns für eine vermeintliche Bäckerei eh zu klein. Das würde sich mit dem Volumen des Glutbeckens decken – der Bäckereiofen des Nienoverhauses müsste demnach ca. 2-3 größer gewesen sein. Es ist nur eine Theorie, aber nach unserer Ansicht doch recht schlüssig.

Im Laufe des Tages musste das neue Feuerholz ins Trockene gebracht werden.

Die Kinder hatten zwar ein paar wenige Aufgaben im Haus zu erledigen, aber im großen und ganzen spielten sie den ganzen Tag drinnen und draußen.

Nach eineinhalb Stunden Backzeit und Klopfprobe wurden die Brote aus dem Ofen geholt. Gut aussehen tun sie schon mal. Zum Abendessen werden wir das frische Brot anschneiden, es gibt Wurst, Käse und eine Gemüsesuppe dazu.

Am Samstag kamen recht viele Besucher, ca. 50 müssen es gewesen sein, die ausführlich informiert wurden. Wir bemerkten, dass heute einige mehr Besucher gezielt in das Nienoverhaus kamen und nicht nur zufällig vorbeikommende Wanderer – wohl aufgrund des Zeitungsartikel von heute über unseren Marktbesuch in Uslar.

Der Tag geht dem Ende zu – wir sind recht erschöpft.

Um ca. 17.45 Uhr stieg dann nochmal kurz das Adrenalin. Auf dem Gelände des Nienoverhauses erschien ein Filmteam. Ehrlich gesagt nach so einem anstrengenden Tag hat man für sowas nicht gerade die Nerven dazu. Es stellte sich jedoch heraus, dass zwei Studentinnen ein Filmprojekt für ihr Studium drehten und recht überrascht waren, dass das Nienoverhaus überhaupt bewohnt war – also gut nur ein paar Außenaufnahmen. Nichtsdestotrotz haben wir die zwei netten Studentinnen und die Kamerafrau durchs Haus geführt und ein wenig geplaudert.

Etwas zeitgleich schickte uns Thorsten Schwarz – unser überaus fürsorglicher Betreuer des Nienoverhauses – eine SMS. Morgen am Sonntag sollen gleich mehrere hochkarätige Fotografen ins Nienoverhaus kommen um Aufnahmen vom Haus und uns zu machen. Ufff ! Was für ein Wochenende 🙂

Thomas beim blog schreiben – sichtlich geschafft aber zufrieden.

Ende 🙂